Für Agile Coach Rainer Henrichs ist agile Coaching mehr als nur ein Job, denn für ihn ist die Ausbreitung der agilen Arbeitsweise das einzig Richtige, die Raison d’Être seiner professionellen Existenz, und eine Herausforderung, der er sich immer wieder gerne stellt. Auch wenn es selten leicht ist, in einem Unternehmen, nicht nur Arbeitsgänge, sondern eine komplette Arbeitskultur umzuwandeln, ist er überzeugt, dass es sich in jeder Hinsicht lohnt. In diesem Interview teilt Rainer Henrichs offenherzig seine Erfahrungen aus einer langen Karriere im agilen Umfeld.
Nach seinem Master-Studium in Computer Science in Kalifornien arbeitete Agile Coach Rainer Henrichs mehrere Jahre als Java-Entwickler. Schnell übernahm er die Verantwortung für Entwicklungsaufgaben in der Rolle als Projektleiter, in der er zunehmend die Vorteile der agilen Arbeitsweise kennenlernte. Seit 2011 unterstützt er seine internationalen Kunden als Scrum Master und Agile Coach bei der erfolgreichen Realisierung innovativer Produktideen.
Ich war lange im IT-Projektmanagement tätig – im klassischen Projektmanagement. Ich hatte zu der Zeit schon eine iterative Einstellung – zunächst nur das zu beschreiben was so direkt vor unserer Nase ist. Dinge, die weiter in der Zukunft sind nicht so genau zu planen, weil man die Veränderungen sowieso immer irgendwie mitberücksichtigen muss. Das hat mir schon im Projektmanagement geholfen und dann bin ich irgendwann um 2006 mit der agilen Arbeitsweise in Kontakt gekommen. Das hat mich gleich brennend interessiert, weil es viel von dem, was ich für richtig halte, konkretisiert hat und als Framework zusammengeschnürt. Und dann haben wir das ausprobiert und es hat funktioniert.
Seitdem möchte ich nichts anderes mehr machen und stehe wirklich mit dem Herzen dahinter. Und nicht, weil ich jetzt irgendwie ein Gutmensch bin, der arbeiten möchte damit es allen gut geht, sondern weil ich daran glaube, dass es die besten Ergebnisse bringt. Es ist einfach effizienter, macht mehr Spaß und man erzeugt weniger Dinge, die man später wieder wegschmeißen muss.
Es gibt Bereiche wo es schwierig ist, agil zu arbeiten. Bereiche, die sehr stark reguliert sind oder Projekte, die man einfach von hinten her aufplanen muss. Ich glaube, es ist schwierig ein Haus agil zu bauen und zu sagen: „Ich fange erst mal an“. Wenn dann der Keller fertig ist, stellt man fest „Oh, ja, jetzt beim fünften Stock wird es aber schwierig – da hätte ich im Keller was anderes machen müssen“. Bei Software ist es einfacher, denn ich kann die Dinge dann ändern und anpassen, wenn ich weiß, was gebaut werden muss.
– Agile Coach Rainer Henrichs
Das ist tatsächlich ein bisschen schwierig. Also im Wesentlichen geht es beim Coaching darum, viele Fragen zu stellen. Ein Coach hinterfragt den Status quo und zwar immer mit dem Ziel, die Arbeit zu verbessern. Warum machen wir das so und nicht anders? Kann man das noch anders lösen? Und dann entsprechend die Hilfestellung zu leisten damit wir auf einen besseren Weg kommen. Und der Coach traut seinen Mitarbeitern zu, dass sie besser die technische Lösung gestalten können, als er es selbst könnte. Er hilft Ihnen dann, dieses Ziel zu erreichen und bricht dann auch Grenzen auf oder räumt Hindernisse aus dem Weg.
Der Tag sieht zumindest so aus, dass ich morgens noch keine Ahnung habe, was passiert. Zunächst gehe ich zu den Teams und frage wie es läuft. Ich biete an: “Nehmt meine Hilfe, wenn Ihr sie braucht”. Und dann kommen die Leute zu mir und sagen: „Hier ist gerade das passiert. Wie soll ich damit umgehen? Hast du dazu eine Idee?“ oder „kannst du hier mal die Führung übernehmen?“. Im Grunde genommen biete ich meinen Dienst an. Man kann das so sehen wie „Management as a Service“ oder „Leadership as a Service“.
Manchmal sind das ganz banale Themen – „Kannst Du hierzu mal ein Meeting organisieren – und kannst Du das mal moderieren“. Oder es sind größere Themen wie: „Ich habe ein Problem mit einem anderen Team. Die machen nie das was wir brauchen. Kannst du mal mit denen reden?“ Dann nehme ich halt den Ball auf und mache genau das.
– Agile Coach Rainer Henrichs
Ich würde fast jeden Ball aufnehmen und dann den einen oder anderen Ball wieder zurückspielen. Wenn mir jemand zum Beispiel sagen würde: „Ich habe da eine super Idee! Wir müssten hier mal irgendwie das Framework umstellen, aber die anderen Leute im Team wollen das nicht“. Dann würde ich natürlich erstmal fragen: „Hast du mit den anderen Leuten geredet?“ oder „Warum wollen die das nicht? oder „Hast du dazu ein Feedback bekommen?“ – und dann würde ich anraten, das Problem erst einmal selbst im Team zu lösen – und wenn das dann technisch von den anderen widerlegt oder abgelehnt wird, dann hat das ja vielleicht einen Grund.
Wenn es allerdings darum geht, dass Du dich generell nicht durchsetzen kannst im Team, dann kann ich sehr wohl helfen bzw. dann kann ich mir die Dynamik im Team einmal genauer anschauen und einfach mal gucken, dass jeder auch eine Stimme hat und das adressieren. Von daher – zuhören tue ich immer und etwas dazu sagen auch. Aber: Ich hinterfrage kritisch, warum man das jetzt von mir möchte und sage dabei natürlich auch, wen ich dafür für den richtigen Ansprechpartner halte.
Das ist ganz verschieden. Ich habe in der Vergangenheit als Agile Coach selber Teams als Scrum Master übernommen und habe dann selber die ganzen Zeremonien, wie Reviews und Retrospektiven, moderiert. Ich habe aber auch als Agile Coach die Aufgabe übernommen Scrum Master in die Teams einzuführen und die Scrum Master zu coachen. Das kommt darauf an auf welchem Level man gerade arbeitet.
Ja, das würde ich generell so sehen. Es gibt immer sehr viel zu tun, wenn etwas anläuft. Und später können dann die Leute, die ich gecoacht habe, sehr viel davon selber übernehmen. Man ist dann nur noch als Ansprechpartner da und kann dann neue Teams und neue Aufgaben übernehmen.
Wenn das Team einfach die Meetings selbst organisiert und sich jeder einzelne im Team verantwortlich fühlt. Dann merke ich: die haben die Verantwortung übernommen – für die Produktentwicklung aber auch dafür, sich ständig weiterzuentwickeln. Alle Team Mitglieder machen sich Gedanken darüber, wie sie noch besser werden können. Dann hat man es eigentlich geschafft.
– Agile Coach Rainer Henrichs
In vielen Fällen ist es das Management, das der agilen Vorgehensweise etwas misstrauisch gegenübersteht. Im agilen propagieren wir selbstorganisierte Teams und für manchen Manager hört sich das an wie: die machen, was sie wollen. Das stimmt aber nicht. Es gibt ja einen Product Owner, der sagt, was gemacht werden soll. Es gibt auch einen Agile Coach, der dafür sorgt, dass effizient gearbeitet wird.
Es gibt aber wenig Kontrolle. Kontrolliert werden nicht mehr die Teilergebnisse, sondern nur noch der Wert, der hinten herauskommt. Man misst nicht mehr, ob ein Mitarbeiter dies oder jenes gemacht hat, sondern den Mehrwert am Ende eines Sprints. Genau das macht viele Manager misstrauisch und einige haben ein Problem damit, ihre eigene Rolle dabei zu finden.
Was ist die Rolle eines Managers, wenn die Teams eigenverantwortlich arbeiten? Das Management ist mehr als Servant Leadership im Sinne eines Agile Leaders zu verstehen: anstatt Arbeit anzuweisen und zu kontrollieren, müssen sie Erwartungen und Ziele klar kommunizieren und dann die Teams bei der Erreichung unterstützen. Es muss möglich sein, Fehler zu machen, denn nur so können die Teams lernen. Sie sollen etwas ausprobieren und wir müssen zusehen, dass die Fehler wieder schnell behebbar sind, damit keine Katastrophe auslöst wird. Jeder lernt von kleinen Fehlern und deswegen kann ich nicht jedes Mal mit der Keule kommen und Leute bestrafen, sondern ich muss sagen: „Macht Fehler, macht sie wieder gut, aber macht sie nicht zweimal“. Wir müssen ja daraus immer Lehren ziehen. Wenn das gelebte Kultur in einem Unternehmen wird, ist eigentlich alles erfüllt. Aber die Herausforderung ist, alle auf dem Weg mitzunehmen, nicht nur das Team, sondern auch das Management bis hin zum Top-Management.
Zunächst einmal ist klar zu sagen: “Agilität ist nichts, was wir uns gerade ausgedacht haben, das ist etwas, was die erfolgreichsten Unternehmen dieser Erde praktizieren. Und sie sind deswegen erfolgreich“. Dann muss ich beweisen, dass es funktioniert. Dazu brauche ich einen kleinen Vertrauensvorschuss. Den muss man sich hart erarbeiten, mit einem vertrauenswürdigen Auftritt und indem man immer wieder liefert.
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Wichtig ist, das jeder versteht, aus welchem Grund wir agil arbeiten und was das bedeutet. Es geht ja nicht darum, täglich ein kurzes Standup-Meeting zu veranstalten oder die Arbeit in 2-Wochen Etappen zu zerteilen. Ich fange mit den Werten an: Respekt, Offenheit, Fokus, Commitment und Courage; dann spezifizieren wir mit dem Team, ob jeder dahintersteht und schließlich wie genau wir das umsetzen wollen.
Im Team sind nur Mitarbeiter, die die Werte leben wollen. Ich unterstütze jeden der das lernen möchte. Je nach der Aufgabe des Teams stelle ich dann geeignete Vorgehen wie Scrum und Kanban vor. Zusammen mit dem Team entscheiden wir dann, wie wir starten und dann geht es los. Es gibt aber eine Grenze und diese Grenze muss man auch ziehen. Jemand der nicht will – da bin ich machtlos. Die einzige Möglichkeit ist es, dass er aus dem agilen Team rausgeht und irgendwas anderes macht oder in einer anderen Firma arbeitet.
– Agile Coach Rainer Henrichs
Unbedingt, unbedingt. Gerade was Purpose angeht – das ist eine der ersten Sachen, die ich mit jedem Team mache. Jeder im Team muss wissen, wofür er da ist und wofür das Team da ist. Was ist die Vision, die das Unternehmen hat? Und „Welcher Teil davon ist die Mission für unser Team?“. Das ist verdammt wichtig für die Motivation der Mitarbeiter.
Das bespreche ich auch mit dem Product Owner. Er muss immer erklären, warum wir Dinge tun. Statt: „Wir müssen jetzt diese neue Feature entwickeln, weil es der CEO gesagt hat”, erklärt er: „Wir wollen neue Kunden dort und dort gewinnen“ und deswegen brauchen wir ein neues Feature. Jeder einzelne Mitarbeiter hat so einen ganz anderen Bezug zur Aufgabe und auch eine andere Kreativität für die Lösungsfindung. Motivation bekommst Du nur über Purpose.
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